Vorträge 2006

BBG-Vortragsreihe: Artenreiche Wiesen erhalten
Halbnatürliche, artenreichen Wiesen verschwinden seit einem halben Jahrhundert aus unserer Umwelt. Dieser Vorgang wird durch ökonomische Veränderungen angetrieben. Die moderne Gesellschaft sucht nach Wegen, um artenreiche Wiesen auch in Zukunft zu erhalten.
Die sechs Vorträge am 16., 23. und 30. Januar 2006 sollen neue Erkenntnisse über die Verbreitung von artenreichen Wiesen in der Schweiz vermitteln, Veränderungen, ökologische Vorgänge und Wissenslücken aufzeigen, und Ideen für eine beständige Erhaltung zur Diskussion stellen.

16. Januar 2006
Dr. Stefan Eggenberg, Bern: Die Vielfalt der Wiesen in der Schweiz. Neue Erkenntnisse?
Schon seit längerer Zeit gibt es in der Schweiz Inventare zu Flachmooren und Nasswiesen und 2005 ist nun auch die zehn Jahre dauernde BUWAL-Kartierung der Trockenwiesen abgeschlossen worden. Noch nie stand eine derart breite, flächendeckende Übersicht zum Vorkommen der verschiedenen Wiesentypen in der Schweiz zur Verfügung. Haben sich lediglich die Erwartungen bestätigt oder gab es auch Überraschungen?

Thomas Mathis und Adrian Möhl, Bern: Die Vielfalt in den Wiesen der Schweiz. Wovon hängt sie ab?
Beliebt und schön sind sie allesamt, die bunten Blumenwiesen. Wo aber ist die “Schönste im Land”? Beherbergen die artenreichsten Regionen auch die artenreichste Wiesen? Und in welche Ecke der Schweiz muss ich hinfahren, um eine wirklich farbige Blumenwiesen zu sehen? Im Rahmen einer Diplomarbeit wurde untersucht, wie es um die Artenzahl der Schweizer Trockenwiesen steht – die Resultate in Form eines farbigen Blumenstrausses.

23. Januar 2006
Dr. Michaela Zeiter, Institut für Pflanzenwissenschaften Uni Bern: Regeneration aus Samen in Halbtrockenrasen
Welche Bedeutung hat die Verjüngung aus Samen für das Fortbestehen von artenreichen Wiesen? Berichtet wird von Pflanzenkeimlingen und einem Aussaatexperiment in wieder gemähten Graslandbrachen im Bleniotal, am Monte Generoso und am Monte San Giorgio. Einmal verarmte Brachen können oft nicht einfach in artenreiche Wiesen zurückgeführt werden.

Matthias Plattner, Reinach BL: Entwicklung der Vegetation und Insektenfauna eines Halbtrockenrasens von 1982 bis heute
Das Naturschutzgebiet Latschgetweid im Solothurner Jura drohte Ende der 70er Jahre komplett zu verbrachen. Nach mehreren Entbuschungsaktionen wurde ein Mahdregime eingeführt, dessen Erfolg seit 1982 mit Pflanzen-, Tagfalter- und Heuschrecken-Erhebungen kontrolliert wird. Der Vortrag zeigt anhand der Resultate die insgesamt positive Entwicklung von Flora und Fauna. Das besondere Augenmerk gilt dabei dem Einfluss des Mahdregimes auf die Artenvielfalt und auf einzelne Gefässpflanzen- und Insektenarten.

30. Januar 2006
Hans-Ulrich Gujer, Bern und Andreas Bossard, Oberwil: Mehr artenreiche Wiesen! Konzepte, Visionen, praktische Erfahrungen
Kein Lebensraum ist in den vergangenen Jahrzehnten in der Schweiz so drastisch zurückgegangen wie die artenreichen Wiesen. Mit der neuen Landwirtschaftspolitik wurde in den 90er-Jahren eine Trendwende eingeleitet. Wo stehen wir gegenwärtig? Wo stehen wir an? Und wohin könnte der Weg mithilfe einer nachhaltigen Landwirtschaft(spolitik) führen? Ein Bericht aus zwei Perspektiven: aus Politik und Bundesverwaltung, und aus der wiesenökologischen Praxis.

6. Februar 2006
Prof. em. Dr. Heinrich Zoller, Basel: Diversität – Artensumme pro Fläche oder charakteristische Gestaltfülle in der Landschaft? – Zur Problematik des Artbegriffs in der Biologie. – Unterscheidungsmerkmale von Arten. – Artenkenntnis ist unverzichtbare Voraussetzung für Untersuchungen über die Biodiversität. – Inventarisieren und Faktorenanalyse als gleichwertige Grundlagen für erfolgreiches Biomonitoring. – Grenzen einer quantitativ-numerischen Biodiversität. – Topographische, phänologische und ökologische Diversitätsmuster. – Mehrung und Minderung der Biodiversität durch menschliche Zivilisation. – Weltweite Verantwortung für die verschiedenen charakteristischen Gestaltfüllen auf der Erdoberfläche.

20. Februar 2006
Dr. Marcus Lingenfelder, Institut für Pflanzenwissenschaften: Regenwald-Dynamik unter zunehmender Trockenheit
Berichtet wird von einem 15-jährigen Forschungsprojekt in einem immergrünen Tieflandregenwald in Sabah, Malaysia. Klimadaten sowie Wachstums-, Mortalitäts- und Einwuchsraten von etwa 20'000 Bäumen (in ca. 500 Arten) auf 8 ha wurden erhoben. Die Daten geben Aufschluss über die Widerstandsfähigkeit des Waldes auf episodische Trockenheitsereignisse. Immer häufiger auftretende und stärker werdende Dürren, die im Zusammenhang mit einer globalen Klimaänderung stehen, könnten dieses Gefüge aus dem dynamischen Gleichgewicht bringen.

27. Februar 2006
Adrian Möhl, Bern: Von Abies nebrodensis bis Zelkova sicula – ein kleines ABC der Sizilianischen Flora
Sizilien, die grösste Insel im Mittelmeer verfügt über eine ausserordentliche Flora. Seit ältesten Zeiten haben sich Botaniker und Pflanzenbegeisterte mit der erstaunlichen Flora Siziliens beschäftigt und sind dabei immer wieder auf neue Funde gestossen. Besonders auffällig ist die grosse Anzahl der Endemiten, die auf Sizilien gefunden werden können. Auf einem Rundgang vom Tal der Tempel bis zu den Höhen des Ätnas soll ein Einblick in die Pflanzenwelt von “Trinacria” vermittelt werden.

6. März 2006
Jacqueline van Leeuwen und Dr. Pim van der Knaap: Auf der Suche nach Mooren auf Galapagos
Bilder aus verschiedenen Vegetationszonen und von einheimischen und eingeführten Pflanzen- und Tierarten illustrieren einen erster Bericht über die Ergebnisse von eigenen palynologischen Untersuchungen.

30. Oktober 2006
PD Dr. Stefan Hörtensteiner, Universität Bern: Herbstliche Blattverfärbung: Der Mechanismus und die Bedeutung des Abbaus von Chlorophyll für das Überleben von Pflanzen
Während der Blattalterung bauen Pflanzen das grüne Chlorophyll zu farblosen Stoffen ab. Dieser mit der Blattverfärbung einhergehende Mechanismus, der das menschliche Auge jeden Herbst immer wieder aufs Neue erfreut, hat für die Pflanzen eine wichtige Funktion. Obwohl Blätter schlussendlich sowieso absterben, ist der Abbau des Chlorophylls paradoxerweise lebenserhaltend und eine wichtige Voraussetzung für das Recycling von Nährstoffen aus den Blättern. Im Vortrag werden die komplexen Vorgänge rund um die Blattalterung dargestellt und spezifisch der Mechanismus und die Funktion des Chlorophyllabbaus erläutert.

6. November 2006
Prof. em. Dr. Brigitta Ammann, Universität Bern: Möglichkeiten und Grenzen der Paläo-Ökologie
Vier Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Ökologie mit langer Zeitachse, d.h. Paläo-Ökologie, erarbeitet werden kann: (1) Gewisse Teile der Organismen-Gruppe müssen fossilisierbar sein, (2) eine genügend hohe Produktion, und damit Häufigkeit, dieser Fossilien oder Sub-Fossilien muss (3) in geordneten Archiven aufbewahrt sein, und (4) Datierungen, Zeitkontrollen dieser Archive müssen möglich sein. Für manche Blütenpflanzen lassen sich Pollen und “Grossreste” so nutzen, dass Langzeit-Prozesse der Vegetations-Veränderungen erfassbar werden. Auch einige Gruppen wirbelloser Tiere eignen sich zur Rekonstruktion von Umwelt-Veränderungen. Durch gegenwärtige rasche und globale Umweltveränderungen haben Interesse und Relevanz solcher Rekonstruktionen rasch zugenommen.

13. November 2006
Petra Kaltenrieder, Universität Bern: Landschafts- und Vegetationsgeschichte der Colli Euganei (Venetien)
Um die Landschafts- und Vegetationsgeschichte seit der letzten Eiszeit zu rekonstruieren, untersuchten wir die Sedimente des Lago della Costa (7 m ü.M.) bei Arqua Petrarca (Colli Euganei). Die Pollen- und Makrorestresultate zeigen, dass während der Volleiszeit Lärchen-Birken-Wälder um den See wuchsen. Unsere Pollen-Resultate deuten darauf hin, dass auch wärmeliebende Bäume wie Linde und Buche am Standort überlebt haben könnten, somit wären die Colli Euganei eines der nördlichsten Refugien thermophiler Arten in Europa.

20. November 2006
Daniele Colombaroli und Elisa Vescovi, University of Bern: Was _Abies alba: a Mediterranean lowland tree species? Insights from vegetation history of north-central Italy
Abies alba is a species presently confined in small stands in the Apennines, but in the past the distributional range was wider than today. We investigate the role of this species in past Mediterranean ecosystems as well as the factors responsible of its sudden decline.

27. November 2006
Ruth Beer und Franziska Kaiser, Universität Bern: Vegetationsgeschichte der Waldgürtel Kirgisiens
Die Vegetation Kirgisiens besteht zu 4% aus Wald, der Rest entfällt hauptsächlich auf semi-aride und aride Gebüsch- und Steppenlandschaften sowie alpine Rasen. Drei Waldtypen, Fichtenwälder (Picea schrenkiana) im Norden, Wacholderwälder (Juniperus semiglobosa, J. turkestanica) im Süden und dazwischen die einmaligen Walnuss-Fruchtwaldbestände (Juglans regia, Malus kirghisorum, Prunus sogdiana, Acer trukestanicum) kommen vor. Diese Wälder sind heute einem enormen Nutzungsdruck ausgesetzt. Eine pollenanalytische Erforschung ihres Ursprungs ist Grundlage für ein nachhaltiges Managementkonzept.

11. Dezember 2006
Dr. Rolf Holderegger, WSL Birmensdorf: Übersicht über die eiszeitliche Geschichte der Alpenpflanzen (Phylogeographie)
Moderne molekulargenetische Methoden erlauben es heute, die eiszeitliche Geschichte der Alpenpflanzen viel genauer zu erfassen als dies bis anhin möglich war. Dadurch lassen sich alte botanische Hypothesen zu den Fragen wie und wo Alpenpflanzen die Eiszeiten überdauerten testen. Der Stand der Forschung zum eiszeitlichen Überleben von Alpenpflanzen wird unter Einbezug neuer Ergebnisse aus einem Länder-übergreifenden EU-Projekt dargestellt. Der Vortrag zeigt, wie wichtig die Geschichte für das Verständnis der Vorkommen von Alpenpflanzen ist.